Donnerstag, 7. Januar 2010

Das Imaginarium Terry Gilliams

(T.Hwa)

Die Bilder in Terry Gilliams THE IMAGINARIUM OF DR. PARNASSUS (2009) sind so barock wie der Titel des Films es verspricht. Eine kurze Kritik zu einem Film, der wohl als „der letzte Film mit Heath Ledger“ bekannt werden wird.

Die Handlung folgt einer heruntergekommenen wandernden Kuriositätenschau, deren Betreiber einen faustischen Handel mit dem teuflischen Mr. Nick eingegangen ist, den Tom Waits mit dünnem Clark Gable Bärtchen und Bowler spielt. Zur Unsterblichkeit verdammt zieht Dr. Parnassus als selbst-erschaffener Gegenspieler des Teufels umher um Seelen durch einen Aufenthalt im Imaginarium, einem Raum jenseits des Spiegels, der die Phantasien des Eintretenden wahr werden lässt, zu konvertieren; immer in Furcht vor der nächsten Wette. Während die Truppe versucht, die neueste Wette mit dem Teufel zu gewinnen, rettet sie den an einem Strang von einer Themsebrücke baumelnden Tony, der Teil der Gruppe wird.

Die Idee des titelgebenden Imaginariums ist wenig mehr als ein unverhohlener Vorwand für Gilliam, seinen visuellen Fantasmen freien Lauf zu lassen. Dementsprechend ist der Film eine exzessive, eklektische Mischung von Ideen und Stilelementen, von denen ein Bruchteil der Welt von James Camerons AVATAR gut getan hätte. Ein Heißluftballon trägt die Züge des von Christopher Plummer gespielten Dr. Parnassus. Johnny Depp muss eine ältere Dame durch die Entscheidung zwischen dem One-Nite-Motel und einer kitschigen venezianischen Gondel begleiten. Russische Gangster flüchten sich unter den Rock eines russischen Mütterchens – direkt in die Arme Mr. Nicks. Es sind diese originellen, zum Teil bizarr-surrealen visuellen Einfälle, die den Film tragen. Nur selten rutschen auch hier die Fantasiesequenzen in zu glatte Nintendohafte CGI-Welten.

Die Dramaturgie ist, wie bei einem Film Gilliams vielleicht zu erwarten, so wirr und überladen wie die Bildebene und liegt ziemlich in Trümmern. Dies kann auch mit dem unerwarteten und publizistisch ausführlich verwerteten Tod Heath Ledgers zusammen hängen, durch den die Produktion verzögert wurde, der Film aber einen nicht unbeträchtlichen Publicityschub erhalten dürfte. Während der Tod des Hauptdarstellers während der Dreharbeiten wohl das Ende der meisten Projekte bedeutet hätte, lässt Gilliam das Aussehen des Protagonisten bei jedem Eintritt in die fantastische Welt des Imaginariums wechseln.
Das Ergebnis dieses Akts der Improvisation lassen sich in etwa so zusammen fassen: Johnny Depp liefert seinen Jack Sparrow/ Sweeney Todd, Colin Ferrell ist gut wenn er beim Showdown grimmig die Zähne fletschen kann, Jude Law zeigt einmal mehr, dass er keine Ahnung hat, was er vor der Kamera eigentlich machen soll. Ledgers Spiel ist schwer zu beurteilen. Gibt er die an Judas angelehnte Figur zu Anfang mit der naiven, clownesken Art aus BROTHER GRIMM (2005), so wird der Entwicklungsbogen der Figur durch die Wechsel der Besetzung unterbrochen und zunehmend schwerer nachzuvollziehen. Die Collage der idiosynkratischen Stilismen der einspringenden Schauspielkollegen kann diesen Mangel an Kohärenz nur unvollständig kompensieren.

Sicherlich ist IMAGINARIUM nicht der stärkste Film Gilliams. Besitzt er in Momenten Anklänge von TIME BANDITS (1981) und BRAZIL (1985), so haftet dem Insistieren auf einem visuellen l’art pour l’art vielleicht schon ein Hauch von Alterswerk an.

2 Kommentare:

  1. ... was ein Ärgernis. "l´art pour l´art" ist von Timor ja noch sehr
    sehr freundlich ausgedrückt. So wie diesen Film stell ich ich mir den
    Kopf eines verrückten Menschen dar und das meine ich nicht positiv -
    Filmemachen wie im Irrsinn. Da passt nichts zusammen - kein Schauspiel
    zum Anderen - keine Szene zur Anderen - kein visueller Sti zum
    Anderen. Keinerlei Struktur. Die Dialoge sind absolut banal und machen
    jeden Subtext kaputt - Terry Gilliam traut seinen Bilder hier zurecht
    nicht. Subtext gibt es eh nicht, weil die verwendeten Symbole entweder
    total plump sind oder einfach nur beliebig sind (ein großer Symboliker
    war Gilliam für mich nie). Hab eben noch "Lost in la mancha" gesehen -
    und es hat für mich deutlich gemacht, dass das Don Quixottische,
    völlig wahnhaft Selbstbezogene in einer notwendiger Weise
    professionellen und mit Teamverantwortung eingehergehende
    Planungsweise beim Film nichts zu suchen hat. "Wird schon irgendwie"
    bringt so nen sinnbefreiten, ästhetisch nutzlosen Film zu Stande, wo
    selbst Schauspieler mit enormen Können und Potential wie dumme Auguste
    aussehen. Schade um die 2 Stunden.

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  2. (note from the editor: bitte darum, obenstehenden Kommentar nicht zu beachten und stattdessen diesen hier als einzig richtigen zu schätzen!)

    "L´art pour l´art" ist noch sehr wohlwollend ausgedrückt. So wie diesen Film stell ich mir den Kopf eines verrückten Menschen vor und das meine ich nicht positiv - Filmemachen wie im Irrsinn. Die diversen Schauspielarten, die visuellen Stile, die Anordnung der Szenen, nichts passt hier zusammen. Die Figurenkonstellation stammt aus der Mottenkiste des Films und die Dialoge zerstören den Subtext, der sowieso kaum existiert (Terry Gilliam traut seinen Bildern hier zurecht nicht). Es wäre zu hoffen gewesen, dass Gilliam aus seinen Don
    Quichotte-Erfahrungen (siehe "Lost in la mancha") lernt, stattdessen dreht er mit seiner erneuten "Wird schon irgendwie"-Haltung einen völlig sinnbefreiten, ästhetisch drittklassigen Film, in dem selbst die gestandensten Schauspieler wie dumme Auguste herumstehen.

    Ben

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